Wohnbebauung Rinkerareal Ravensburg
H2R GmbH und CO KG
88212 Ravensburg, DE
Wohnbau
2022
Folgeauftrag
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Quartier "Östliche Stadt"
Das östliche Teilgebiet von Ravensburg wird durch eine bandartige Ausdehnung des Siedlungsgebietes in Nord Süd Richtung entlang des Tobels des Flappachtales beschrieben und nimmt innerhalb des räumlichen Gefüges der Gesamtstadt - auch bedingt durch die klimatisch thermischen Einflüsse - eine besondere atmosphärische Stellung ein. Die bestehende Bebauung ist beidseitig eingebettet in die verzahnten Grünzüge der fließenden Hanglagen und grenzt im Westen direkt an die historische Altstadt an, die fußläufig auf kurzer Wege ebenso gut erreichbar ist wie die angrenzenden naturnahen Erholungsräume. Im Kontext mit der nach Süd-Westen fallenden Topographie entstehen einprägsame orträumliche Verflechtungen, die insbesondere auch durch die vorhandene Infrastruktur hohe Wohn- und Freizeitqualitäten in sich vereinen. Die neuen Gebäude am Rinkerareal folgen treppenartig und höhenversetzt dem Verlauf der ansteigenden Schichten zum Lumperholz. Identität stiftende Bauten, gestaffelte Außenräume sowie Wiedererkennbarkeit und Lesbarkeit des Landschaftsverlaufs bildeten einen wesentlichen Anteil der städtebaulichen aber auch individuellen Integration. Neben der kompakten, vielfältigen und verwobenen Wohnlichkeit sind die gemeinsamen Freiflächen und Nutzergärten zentraler Ort der Kommunikation.
Stadt der Türme und Tore
Diese Form der Allmende, der Allgemeinräume, die klare Struktur der Siedlung und der innere Reichtum an abwechslungsreichen Wohnformen und Freiräumen ist hier die Basis für die Vielfältigkeit und Lebendigkeit im neuen ”Rinkerquartier”. Sieben kompakte, unterschiedlich gestaffelte Gebäude, die sich aus der inneren Grundrissdisposition heraus immer wieder zu einem Hochpunkt verdichten, erzeugen Unverwechselbarkeit und eine mäandrierende Vernetzheit der Außenräume. Die verdichteten Endpunkte jedes Gebäudes umarmen nicht nur die Hangtrasse, sie bilden ähnlich dem historischen Zentrum Türme und Tore der Kennzeichnung und Wegegabelung, wobei die Tore mehr Öffnung und Anbindung – auch ins umgebende Quartier – sind als bloße Durchlässe. Breite rurale Bänder in Längsrichtung nehmen Anleihe bei den hängenden Gärten von Semiramis und verbinden die Gebäude unter sich ebenso wie die umgebenden Landschaften. Die Porosität dieser urban - dörflichen Orte entsteht und gewinnt erst durch diese alles überlagernde Verflechtung und greift weit in den umgebenden Siedlungsraum. Die Durchlässigkeit ist aber nicht nur Absicht einer dörflichen Integration, sie ist auch in hohem Maße ein wesentlicher Teil der Identifikation.
Fliessende Öffentlichkeit
Für die Durchmischung verschiedener sozialer Milieus, den Aufbau informeller nachbarschaftlicher Netzwerke sowie die positiven Auswirkungen für ein Quartier für Alt und Jung steht eine verkehrsfreie graduelle Öffentlichkeit zur Auswahl. Am nördlichen Eingang des neuen Quartiers befindet sich das studentischen Wohnen, das mit dem gegenüberliegenden studentischen Bestand einen belebten Auftakt generiert. Die gegenüberliegenden Seniorenwohnungen erzeugen eine altersübergreifende Öffentlichkeit, die sich ins Innere des Quartiers entlang der ruralen Terrassen fortsetzt um im Erdgeschoss bedarfsgerecht weitere kommerzielle Nutzungen zu ermöglichen. Die kommunikativen Eingangsbereiche der einzelnen Gebäude mit eigenem ”Hausbaumplatz” schließen unmittelbar an diese Zonen an.
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Diversität - Flexibilität
Dahinter verbirgt sich das Private. Dieses ”Eigene” entwickelt sich aus einem Modul heraus, das sich mehrfach - nicht nur zweidimensional - erweitern bzw. erwerben lässt. Die kleinste Einheit besteht aus einem Appartement mit zwei Modulen, die sich je nach Wunsch, Bedarf oder Budget um ein, zwei oder mehrere Module erweitern lässt. Dabei überlagern sich Geschosswohnungen, mögliche Reihenhäuser, Split-Level Wohnungen und zweigeschossige Lufträume in einem nahezu spielerischen und variablen Prinzip zu einer diversen Gemeinsamkeit. Soziale Mischung, bezahlbarer Wohnbau und die hohe Anforderung an die Flexibilität der Räume lassen sich durch diese Intervention übergangslos erreichen und auch zu einem späteren Zeitpunkt anpassen. So ist auch die Zuordnung zum Bündniswohnen und die Realteilung (Mietwohnungen) frei wählbar und flexibel teil- und anpassbar. Ebenso lassen sich dem tatsächlichen Bedarf entsprechend das Senioren- oder Studentenwohnen, Mehrgenerationenwohnen, inklusives Wohnen, Mikroappartements „Variowohnungen“ für Studenten, Lehrlinge oder auch Rentner umsetzen, um ein kontrastreiches und lebendiges Quartier zu aktivieren!
Materialität
Während die Innenräume der Wohnungen - das Eigene – möglichst der Entfaltung des eigenen Lebensentwurfes zugeordnet sind, bestehen die halböffentlichen Bereiche – die Pufferräume - aus warmen, haptischen Materialien wie Holz und Ähnlichem. Die äußere Haut besteht aus vorgefertigten raumhohen Modulen aus Holz und Fibre - Platten, die den dahinterliegenden Nutzungen entsprechen. Es entsteht so ein geordneter Grid - ähnlich einem Setzkasten – in dem sich die Fassaden in reichhaltigen Sequenzen aber auch als Variantenreiche Muster abbilden.
Landschaftsraum
Die Grundidee der Landschaftsarchitektur entwickelt aus der vorgefundenen landschaftlichen Situation und der städtebaulichen Situierung der neuen Baukörper. Die markante Topographie wird terrassenartig in langgezogene Ebenen gegliedert. Über die Terrassen werden die einzelnen Bauten erschlossen, wobei die Adressbildung jeweils auf den einzelnen Ebenen erfolgt. Die Hauptverbindungswege verzweigen sich und greifen die städtebaulichen Versatze der Hochbauten auf, ohne das orthogonale Prinzip zu verlassen. Die Wegeverzweigungen weiten sich platzartig auf. Durch eine differenzierte Baumartenwahl erhalten die einzelnen Quartierplätze eine individuelle
Gestalt und Atmosphäre. Mit Tilia platyphyllos – Sommerlinde, Castanea sativa – Edelkastanie u.a. wird der öffentliche Charakter dieser Plätze zusätzlichen unterstrichen. Nebst den Quartierplätzen leisten die Spielbereiche an den Terrassenkanten einen wichtigen Beitrag zur Freiraumversorgung des ”Rinkerquartiers”.