Kindergarten d'Sidlig Nenzing

Marktgemeinde Nenzing

6710 Nenzing, AT

Bildung

2020

Anerkennung geladener Wettbewerb

Fotocredits: Büro D\M

      • Zwischen Bahn, Meng und Ill spannt sich im Norden von Nenzing ein durchwegtes, geordnetes Gewebe, ein Teppich aus gediegenen Wohngebäuden. Es ist der Fußabdruck eines familiär gelebten Miteinander in der kleinteiligen Struktur der ”Sidlig”. Am Rande der ”Sidlig” in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof liegt ein kleiner Kiefernwald, dessen Muße bisweilen nur vom nahen Schienenverkehr zerstreut wird. Diese städtebaulich, wahrnehmbare Beschaffenheit definiert den Ort hier per se. Aus sich selbst heraus verdichtet sich hier die bauliche Form aus dem inneren Anspruch und dem Respekt vor der ruralen Gewissheit.

        Das neue Familienzentrum bündelt seine Agenda in zwei Geschossen am westlichen Rand und integriert dadurch große Teile des bestehenden Kiefernwaldes unberührt in das neue naturnahe Freiraumkonzept. Das innere ganzheitliche Netzwerk sucht seinen Vergleich im Marktplatz. Um eine zentrale zweigeschossige Halle breitet sich ein Umschlagplatz für Bildung und Entwicklung aus, der Generationenübergreifend vermittelnd um sich tastet. Das zentrale zweigeschossige Foyer im Herzen des Hauses entfaltet sich mit den Garderoben nach Osten in den durchwachsenen Garten mit zahlreichen didaktischen und spielerischen Angeboten unter den Bestandsbäumen. Nach Westen - begleitet vom Foyer - öffnet sich der Ess- und Aufenthaltsbereich mit vorgelagerter Terrasse und Blick zum Vorplatz. Dieses poröse Band in dem Außen und Innen beinahe nahtlos ineinandergreifen wird von zwei intimeren Flügeln begleitet. Während sich im Süden die aktiven Räume der Familienbetreuung, der Connexia und der Mitarbeiter aneinanderreihen, bilden im Norden die flexiblen Ausweich- und Ruheräume eine eigene Einheit.

        Die mittige, gekreuzte Treppe führt in den Straßenschuh freien Bereich der Gruppenräume. Diese ”Kinderzimmer” sind im Wesentlichen der Morgen- und der Abendsonne zugeordnet. Zentraler Teil des mittigen Umgangs bilden die Bewegungsräume zur Bahntrasse und die Snoezel-, Sinnes- und Kreativräume in Richtung Zentrum. Dabei bleiben die Blicke über diese Räume in die umgebenden Naturräume ebenso eindringlich wie sie informell ins darunter liegende Foyerband sind. Die innere Struktur und Anordnung der Räume widerspiegelt die gelebte Flexibilität in Nutzung, übergreifendes Arbeiten und ineinandergreifende Entwicklung. Diese Mehrdeutigkeit der Verwendung der einzelnen Bereiche unterstützt die Kohärenz der Individualisierung und Differenzierung ebenso wie das Prinzip des teiloffenen Konzepts der Autonomie und Selbstbestimmung. Die notwendigen Nebenräume befinden sich in einem teilunterkellerten Bereich im Westen. Um den ” Kiss and Ride” Bereich am Vorplatz verkehrsfrei, übersichtlich und sicher zu halten werden die Pkw Stellplätze an den Nagrand gelegt. Konstruktiv stülpt sich die konzeptionelle Einfachheit gleichsam von innen nach außen und umgekehrt.

      • Das zweigeschossige, teilunterkellerte Gebäude soll in Holzmassivbauweise (BSH Träger, Brettstappel) errichtet werden. Der architektonische Ausdruck - die Haltung - folgt konsequent dieser Absicht, haptisch als auch technisch. Die Hüllqualitäten der Außenhaut entsprechen den Anforderungen des Passivhauses, ebenso die Luftqualitäten. Zur Minimierung des Treibhauspotentials und aus dem Bekenntnis zur Verwendung ökologischer Baustoffe soll ”Holz der kurzen Wege” als Rohstoffressource eine wesentliche Rolle spielen.

        aus dem Jurybericht

        "... Die Arbeit schlägt eine sehr klare und unaufgeregte städtebauliche Lösung vor. Der einfache und kompakte Baukörper positioniert sich auf dem westlichen Grundstücksbereich, um auf diese Weise nach Osten eine große und zusammenhängende Freifläche anzubieten. Der Hauptzugang ist zum öffentlichen Raum gut gesetzt und schön ins Gebäude eingeflochten. Es wird ein gut zonierter Erdgeschossgrundriss mit klarer Ost-Westanbindung angeboten, der eine durchgängige Anbindung vom Eingangsbereich bis zur Außenfläche im Osten möglich macht. Die Belichtung erfolgt angemessen über eine große innenliegende Halle, in der eine zweiläufig, gegenläufige Treppenanlage liegt, deren zugehörige Aufzugsanlage jedoch gesucht werden muss. Die räumliche Mitte und Vertikalerschließung kann gut belebt und aktiv bespielt werden. Jedoch wird festgestellt, dass der Garderobenbereich im Osten eine Barfußzone für den Essraum nicht möglich macht. Hier queren sich öffentliche Wege und Kindergartennutzung absolut. Auch der Bewegungsraum kann durch seine Lage im Obergeschoss nur als Barfußbereich erschlossen werden, was durch die öffentliche Nutzung nicht ideal wäre. Die Funktionen im Erdgeschoss sind ansonsten gut organisiert und der Elternbereich mit Sozialräumen gegen die Schallschutzmauer im Süden sinnvoll gelegen. Die Zusammenlegung der Elternberatung mit Vorraum sollte getrennt sein, die Schlafräume sind gut gelegen, jedoch die Mitarbeiterräume zu nah am störenden Außenbereich. Im Obergeschoss wird die breite und eher nischenfreie Flurzonen nicht unbedingt einladend zum Verweilen gesehen. Die Fassadengestaltung scheint nicht ausgearbeitet, kann nicht überzeugen und spiegelt die ausdifferenzierte und strukturierte Haltung bei der Grundrisskonzeption nicht wieder. 10 Der sommerliche Wärmeschutz im Bereich des großen Oberlichts könnte sich aufwendig gestalten und eine Einschränkung der großzügigen Belichtung bedeuten. Die Arbeit liegt flächenmäßig im wirtschaftlichen Bereich. Insgesamt überzeugt der Entwurf in seiner baukörperlichen Prägnanz und Kompaktheit. Sein funktionales Problem liegt (neben kleinen funktionalen Mängeln) hauptsächlich in der fraglichen Vermischung von Barfuß- und Straßenschuhbereichen."