Neubau Alters- und Pflegezentrum Widnau

Gemeinde Widnau

9443 Widnau, CH

Pflege/Gesundheit

2017

Studienauftrag

      • ”No news are good news”

        Heaven can wait and hell's too far to go somewhere between what you need and what you know

        Charlotte Gainsbourg

        Das visuelle Bild des Ortes

        Die städtebauliche Referenz zum Neubau des Alters- und Pflegezentrums Widnau wird aus der Typologie der eleganten Residenz hergeleitet, auch um dem architektonischen Ausdruck des Institutionellen ein lesbares Wohngebäude gegenüberzustellen. Die Längsgerichtetheit in Ost – West ist letztlich nicht dem Grundstückszuschnitt geschuldet, sondern entwickelt sich aus dem inneren Anforderungsprofil des Hauses, das einer einfachen, geradlinigen Struktur geschuldet ist. Diese orträumliche Gliederung im bauliche Gefüge nahe dem Zentrum schafft ein attraktives und übersichtliches Vorfeld - den ”Stadtpark” - und bietet rasche, einfache Orientierung und funktionale Zuordnung. Die flache Zonierung der vielfältigen Außenräume vor dem Gebäude folgt mit der Entfernung vom Haus einem unterschiedlichen Grad an Privatheit zur Öffentlichkeit. Zudem soll die Themenbezogenheit der Bereiche Abwechslung und Eingängigkeit fördern. Dieser gebäudenahe, attraktive und sichere Bereich gliedert sich in einen Duftgarten mit einer kleinen, intimen Pergola im Eingangsbereich, gefolgt von einem Wassergarten und zuletzt einem Fruchtgarten. Alle drei Themenbereiche sind durch eine Blumenwiese von der inneren Verkehrserschließung im Süden klar getrennt und thematisch den hausinternen Nutzungen Speisesaal, Tagescafé und Mehrzwecksaal zugeordnet. Übergeordnetes städtebauliches Ziel ist es zu starke hierarchische Differenzierungen zu Gunsten einer ablesbaren Umwelt abzuschaffen.

        Wege, Grenzlinien, Bereiche, Brenn- und Ankerpunkte

        Die zentrale Mitte bildet über alle vier Geschosse das Herzstück des Hauses. Es ist Anker- und Ausgangspunkt ebenso wie relevanter, ordnender Treffpunkt. Im Erdgeschoss wird dieser Eingangsbereich von einer großzügigen überdachten Fläche, die zu kurzen Aufenthalten im Freien auch bei trüben Wetter einladen soll, hervorgehoben. Dieser klaren Adressbildung am Grundstück steht eine zweite kleinere an der Zehnfeldstraße gegenüber. Hier befindet sich der externe Zugang zum Mehrzwecksaal als auch zur fremdvermieteten Physiotherapie. Unmittelbar im Anschluss des Mehrzwecksaals und mit diesem kombinierbar folgt das Tagescafé und der Speisesaal mit weit vorgelagerter Terrasse zum ”Stadtpark”. Dieses Raum- und Nutzungskontinuum geht wieder in den Mitte des Hauses über. Die Küche und die gesamte Infrastruktur befinden sich an der nördlichen Längsseite dieses Gebäudeteils und werden auch von hier aus beliefert. Dieser lückenlosen Sequenz folgen im östlichen Teil der Mitte die Räume der Verwaltung und der ambulanten Dienste, um dann in der Tages- und Nachtstätte in einem Aufenthaltsbereich mit privatem Garten aufgefangen zu werden.

      • Dieser konstante, lineare, räumliche Fluss gleicht einer ”Mall” in dem Überblick und Ablesbarkeit durch Form, Oberfläche, Dimension und Nutzung gewährt wird. Räumliche Effekte, die zur Entscheidungsambivalenz führen können sollen dadurch reduziert werden. Auch in den drei darüber liegenden Wohngeschossen werden Raumstrukturen verwendet, die kognitiv konditioniert sind. Mittig gleich ist allen die Etageninfrastruktur, ein Brennpunkt mit Aufenthaltsbereich, großzügiger Loggia und einem Séparée. Nach Osten und Westen strömen die einzelnen Wohnbereiche, die sequenziell von drei Lounges im wechselnden Rhythmus nach Norden und Süden begleitet werden um schließlich in einem Umkehrpunkt mit weitem Blick auf Widnau zu enden. Diese Brennpunkte mit eindeutigen und einzigartigen Blickbeziehungen nach Außen entlang einer geradlinigen Achse sind von unterschiedlichen Wandstrukturen begleitet und werden dadurch Teil der kognitiven Karte, die einen memorierbaren Charakter ermöglicht. Diese strukturelle Abfolge schafft mit der Unterstützung ” Things from the past ” Vertrautheit und physische Sicherheit.

        Die insgesamt 18 Appartements je Gebäudeflügel sind in der Mehrzahl nach Süden orientiert. Jene Minderheit an Zimmern die nach Norden gerichtet sind erhalten in der unmittelbar gegenüberliegenden Lounge einen großzügigen Südbalkon. Die Differenziertheit der Zimmer drückt sich nach außen durch die vertikal versetze Spiegelung der Grundrisse aus. Die Ausstattung der Zimmer selbst soll möglichst durch die Bewohner selbst bestimmt werden.

        Selbstbestimmung und Selbständigkeit der Bewohner bildet hier die Grundlage für die Aufrechterhaltung der Lebensaktivitäten und die existenziellen Erfahrungen des Lebens. Offenheit, Transparenz, kurze Wege und funktionelle Übersichtlichkeit schaffen zudem Möglichkeitsräume, die Vertrautheit und Entspannung sowie Aktivität und sozialen Kontakt erlauben und die Vielfalt des Zusammenlebens zulassen.

        Im Untergeschoß befinden sich die funktional zugeordneten Infrastrukturräume wie die Lingerie, die Personalräume sowie eine große Bewohnerwerkstatt, die alle über großzügige begrünte Patioräume belichtet werden. Die zirka 86 PKW Parkplätze der Tiefgarage werden ausnahmslos an der südlichen Erschließungsstraße angeschlossen. Hier befindet sich auch der zentrumsseitige Aufgang sowie die Kleingarage des Hausmeisters und der Velo Unterstand.

        Das äußere Erscheinungsbild – der architektonische Ausdruck – folgt dem eingangs erwähnten distinguierten Vorbild der Residenz, einem ablesbaren Wohngebäude, das sich gehaltvoll und sinnfällig an der Materialität und Kontinuität des Bauens im Rheintals orientiert. Holz wird hier als warmer, haptischer Korrespondent der Tradition zeitgemäß interpretiert, letztlich um auch hier wieder einen kognitiven Ankerpunkt herzustellen.