Neubau Justizzentrum Korneuburg
Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H. (BIG) Planen und Bauen Region NÖ, OÖ, Bgld
2100 Korneuburg, AT
Öffentlich
2008
EU-weiter Wettbewerb
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Zielsetzung
Ziel des Entwurfes ist ein klar strukturiertes Gebäudeensemble für die komplexen Funktionszusammenhänge des „Neubau des Justizzentrum Korneuburg“ zu entwickeln, welches gleichzeitig den neuen Stadtraum zu einem verdichteten Stadtteil mit Zentrumsfunktionen aufwertet.
Städtebau
Die Analyse der stadträumlichen Situation lässt mehrere parallele, in Ost-West Richtung laufende Siedlungsbänder erkennen. Diese Siedlungsbänder sind mit Stadtmustern und Bauvolumen mit unterschiedlicher Maßstäblichkeit besetzt. Diese differenzierte stadträumliche Situation werden durch zwei neue, in Struktur, Materialität und Ausdruck unterschiedliche Gebäudegruppen geordnet und ergänzt. Das Gebäudeensemble des Justizzentrums ist aus den programmatischen Vorgaben entwickelt. Es gliedert sich in:
- das Gerichtsgebäude mit den entsprechenden Infrastrukturräumen.
- die Justizanstalt mit den entsprechenden Infrastruktur- und Hafträumen.
Die einzelnen Bereiche mit ihren Baukörper nehmen die unterschiedlichen Größenordnungen der stadträumlichen Umgebung auf und ergänzen sie.
Erschließung
Die Erschließung des Justizzentrums erfolgt über einen Platz, der zwischen Gerichtsgebäude und Justizanstalt aufgespannt ist. Dieser neu entstehende Platz ist in der exakten Verlängerung der Brückenstrasse geplant. Die links und rechts der Brückenstrasse situierten, bestehenden Gebäudevolumen werden im Bereich des neuen Platzes durch das Bezirk- und Landesgericht und die Justizanstalt räumlich ergänzt. Die Verbindung zwischen Bezirks-/Landesgericht und Justizanstalt wird über zwei Brückenbauwerke hergestellt, gleichzeitig wird die Zusammengehörigkeit von Sockelbauwerk und Justizanstalt über die gemeinsame Traufhöhe lesbar. Der Platz wird an der neuen Anrainerstrasse an das öffentliche Strassennetz angeschlossen. Dadurch gelangen Transporte auf dem kürzesten Weg von der Autobahn zum Gerichtsgebäude/Justizanstalt. Unter dem Gerichtsgebäude und dem Platz ist eine zweigeschossige Tiefgarage angeordnet. Sie wird über eine Rampe im Westen des Platzes erschlossen.
Gerichtsgebäude
Das Gerichtsgebäude ist in ein dreigeschossiges Sockelbauwerk und eine viergeschossige, auf dem Sockelbauwerk aufgesetzte Kammstruktur unterteilt. Durch diese Aufteilung wird den unterschiedlichen stadträumlichen Phänomenen (A22/Stadtstruktur Exerzierplatz) Rechnung getragen. Die unterschiedlich ausgebildete Fassadenstruktur trägt den verschiedenen Ausrichtungen Rechnung. Durch seine Positionierung erhält das Gerichtsgebäude einen Solitärcharakter. Im Sockelbauwerk erschliessen sich die Verhandlungssäle und der Schwurgerichtssaal im 1. und 2. Obergeschoss über ein dreigeschossiges Hallenvolumen. Im Erdgeschoss sind die Halle mit Cafeteria und die gemeinsamen Räume LG/BG/STA untergebracht. Innerhalb der aufgesetzten Gebäudestruktur sind Verwaltung-/Büromräume LG/BG/STA untergebracht.
Justizanstalt
Die Justizanstalt ist als eigener, in sich geschlossener Bereich innerhalb des Gesamtensembles ausgebildet. Durch die Entwicklung einer Erschliessungsmagistrale werden die Hauptfunktionen zweigeteilt. Südlich, zum Gerichtsgebäude orientiert, sind die Infrastrukturräume situiert wie Aufnahme- Besuch-Verwaltung-Wirschaftshof 1-Arbeitsstätten-Vernehmung- Wirtschaftshof 2-Sport-/Veranstaltung-Krankenstation-Frauenabteilung. Nördlich der Magistrale sind die Höfe 1-2-3-4 und die Hafträume mit der entsprechenden Infrastruktur untergebracht. Östlich, sind auf Niveau -1.50m die Sportanlagen im Freien situiert. Die Höhe der Dachkante des Gebäudeensemble Justizanstalt korrespondiert mit der Höhe der Dachkante des Sockelbauwerk des Bezirks-/Landesgerichtes. Die Hafträume sind in drei radial angelegten und auseinander laufenden Baukörpern eingebaut. Durch den Maßstab und die Ausrichtung dieser Baukörper entstehen Wohn- und Aufenthaltsräume mit hoher und vielfältiger Qualität.
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Konstruktion
Grundsätzlich werden ein hohes Maß an Vorfertigung und möglichst einfache Konstruktionen vorgesehen. Konstruktive und unveränderliche Elemente werden aus Fertigteilen oder Halbfertigteilen hergestellt, während Bereiche, in denen ein gewisses Mass an Flexibiltät sinnvoll erscheint, in nicht tragender Leichtbauweise ausgeführt werden.
Energiekonzept und Technische Gebäudeausstattung
Das Grundkonzept besteht aus einer energetischen Dreiteilung
1. Die Justizanstalt, im speziellen die Zellentrakte, werden im Passivhausstandard errichtet.
2. Sporthallen, Werkstätten, Büros und das Gerichtsgebäude sind in Niedrigenergiebauweise konzipiert.
3. Für Büroflächen und das Gerichtsgebäude wird eine Energiekennzahl von unter 25 kWh/m2a angestrebt.
a) Wärme und Kälteerzeugung:
Der anfallende Restwärmebedarf wird mittels Grundwasserwärmepumpe sowohl für den Heizbedarf als auch für den erforderlichen Kühlbedarf umgesetzt. Voraussetzung ist, dass die Qualität und Quantität des Grundwassers gegeben ist.
b) Wärmeabgabe
1. Zellentrakt: Der Bereich des Zellentraktes wird mit einer kontrollierten Be- und Entlüftung als Zentralanlage ausgestattet. In den Randzonen wird eine Fussbodenheizung installiert. Eine Klimatisierung des Zellentraktes, der Sport und Werkstättenbereiche ist nicht vorgesehen.
2. Gerichtsgebäude und Büros: Diese Bereiche werden mit einer Fussbodenheizung bzw. über eine Baukernaktivierung als Grundlastheizung ausgestattet. Weiters werden Lüftungsanlagen vorgesehen, die den notwendigen hygienischen Luftwechsel und den Restwärmebedarf abdecken. Die Baukernaktivierung erfüllt auch die Anforderungen an die Klimatisierung.
c) Warmwasserbereitung
Die hohen Abwärmeleistungen aus dem Bereich der Wäscherei und der Küche werden über ein Wärmerückgewinnungssystem der Warmwasserbereitung zugeführt. Der Restwärmebedarf kann über eine Solaranlage oder mittels Erdwärme abgedeckt werden.
Materialien, Ausdruck, Architektur
Das aus den Vorgaben entwickelte Gesamtensemble gliedert sich in die beschriebenen Gebäudeteile sowie den öffentlichen Raum. Entsprechend Ihrer Bestimmung werden sie durch eine angemessene Materialisierung in Struktur und Ausdruck differenziert. Für die Außenhaut des Sockelbauwerks des Gerichtsgebäudes und der Justizanstalt wird eine horizontal strukturierte und materialtechnisch differenzierte Beplankung vorgeschlagen. Für das Bezirks-/Landesgericht: Holz, für die Justizanstalt: Metall). Die Außenhaut der Obergeschosse des Bezirks-/Landesgerichtes wird aus einer Stahl-Glaskonstruktion mit Holzpaneelen bestehen. Dieser Material- und Maßstabwechsel trägt den unterschiedlichen stadträumlichen Anforderungen Rechnung. Im Süden ist dies die neu modellierte Landschaft über der Autobahn A22 und im Norden das Siedlungsband mit den heterogenen Bebauungsstrukturen. Die Arealbegrenzung respektive die Einfriedungs- und Sicherungsanlagen der Justizanstalt sind naturgemäß „schwergewichtig“. Die hier vorgeschlagenen Einfriedungs- und Sicherungsanlagen sollen demgegenüber einen natürlichen und integralen Bestandteil der Stadtlandschaft bilden. Die äußere Zone ist als ein mit grünen Elementen durchsetzter Raum ausgebildet, dessen witterungsabhängige Reflexionen den Ort illuminieren und mystifizieren. Durch die dargestellte städtebauliche Disposition des Gesamtensembles wird den unterschiedlichen Bedingungen und Nutzungen eine nach außen erkennbare, spürbare und nachvollziehbare Identität verliehen. Durch die Maßnahmen entsteht ein erlebbarer Kontrast von hart und weich, gross und klein, offen und geschlossen. Dem schwierigen Thema Gerichtsgebäude und Justizanstalt wird mithilfe der beschriebenen architektonischen Eindrücke ein angemessenes Gesicht verliehen.
Resumée
Es entsteht ein weiteres, vitales „Stück“ Korneuburg, das behutsam in den Kontext eingegliedert wird.