Seedomain Lochau
i+R Gruppe
6911 Lochau, AT
Wohnbau
2013
EU-weiter Wettbewerb
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Wie kommt der Entwurf ins Dorf?
Städtebauliche Entwürfe mit kollektivem Aushandeln zu überlagern, bietet keine Garantie für die Qualität der Räume oder der Akzeptanz getroffener Entscheidungen. Es erscheint jedoch fahrlässig, bei der Entstehung von Stadt auf einen der beiden Aspekte zu verzichten. Aushandlungsverfahren führen zu Transparenz und schärfen die Argumente. Räumlich städtebauliche Entwürfe bieten handwerkliche Lösungen. Der im Hier und Jetzt entstehende Entwurf ist zwar auf die Zukunft gerichtet, die vorgeschlagene Aneignung des Raumes muss aber nicht wie angenommen eintreten. Ein stadträumlicher Entwurf lässt sich als Startformation begreifen, der räumlich existent wird. Um in Zukunft von seinen Nutzern immer wieder ausgefüllt zu werden (Josef Rott - multiple city)
Der frei Blick oder der Einfamilienhauseffekt (EFE)
Wir bauen ein Dorf - nur etwas größer. Eine wesentliche Eigenschaft des Einfamilenhauses, das die bauliche Struktur des Rheintals auffüllt und nach wie vor über alle Generationen hin Begehren erweckt, ist - neben dem Vorgarten - der freie Blick in die Weite. So werden die Ränder der Siedlungsgebiete immer wieder zu bildhaften Sehnsuchtsorten, so lange bis dieser Ort - die Vorstadt - sich hier wieder selbst überrollt. Das Grundstück ”Seedomain” ist eigentlich Rand in Mitten des Siedlungsgebietes. Die beiden großen flankierenden Wiesen - das ”Sichtfenster” und die ”Stadlerwiese”- werden auf lange Sicht als Grünflächen erhalten. Südwestlich trennen nur kleine Grundstücke den offenen Zugang zum See. Diese weichen Ränder werden von den renaturierten Bächen - ”Oberlochauerbach” und ”Kugelbeerbach” inhaltlich aufgeladen und bieten eine gute Identifikation zum Ort. Dem steht in gleicher Bedeutung die neue ”Weiche Mitte” gegenüber, eine zum Teil artifizielle, kommunikative Parklandschaft, die durch die Porigkeit der dazwischenliegenden neuen Bebauung mit den umgebenden Landschaften verbunden ist. Hier bilden ringförmig versetzt sechzehn Häuser Struktur. Sie formen verschiedenste Außenräume mit unterschiedlicher Privatheit. Die Plätze vor den Gebäuden zur weichen Mitte hin sind dem Vorgarten ähnlich unterschiedlich bespielt. Ihr gemeinsames Thema sind die Obstbäume der nahen Wiesen. Mostbirne, Elstar, Boskop, Kirsche, Zwetschke und andere differenzieren und gliedern die vorgelagerten Eingangszonen der neuen Häuser. Die privaten Gärten der Erdgeschosswohnungen gehen sanft in die nahen Bachlandschaften über.
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Durch den Versatz der Gebäude entstehen einerseits kleinteilige, intime Freiräume andererseits wird durch diese Intervention in jeder Wohnung der Vierspänner der freie Blick in die Weite gewahrt, ein Panorama - ein Ausblick der andauert.
Die Höhen der Gebäude folgen einer Wellenbewegung. Nach einer Verdichtung nach Innen flacht sie zu den Ufern des Grundstücks wieder ab. Die innere flexible Struktur der einzelnen Gebäude mit zentralem Stiegenhaus bieten in allen Geschossen die Möglichkeit unterschiedlichste Grundrissvarianten auszubilden. So ist es auch möglich in jedem dieser Häuser ein ”Bereutes Wohnen” zu integrieren. Durch die horizontale Gliederung der Fassaden aus Betonfertigteilen mit dazwischenliegender vertikaler Holzfassade lassen sich quasi nach Wusch des Nutzers Fenster einsetzen ohne die Gesamtstruktur zu stören. Das Grundstück Forschung und Entwicklung soll in das übergeordnete Konzept als vierter Bauabschnitt im Osten integriert werden. Die Einfahrt für die finale, gemeinsame Sammelgarage liegt in unmittelbarer Nähe zur Bregenzer Straße. Der Bus wird durch das Quartier geführt und tangiert die weiche Mitte. Das gesamte Gebiet soll möglichst verkehrsfrei organisiert blieben und im umgebenden Fahrrad- und Fußwegenetz stark eingebunden sein. Die Hälfte der Besucherparkplätze sind entlang der ÖPNV Achse organisiert, der Rest wird von der Tiefgarage aufgenommen. Eine Durchfahrt durchs Quartier wird verunmöglicht.
Gedanken zum Grünraum
Im Freiraum wird auf eindeutige Zuordnung Wert gelegt. Von den Bächen nach innen wird die Gestaltung immer strukturierter. Am Bach wird der Naturdynamik Raum gegeben, die Verläufe ändern sich, einzelne Weiden überhängen das Wasser. Im Siedlungsumfeld sind die Wiesen frei zugänglich. Die Plätze enthalten je einen markant blühenden Obstbaum, eine Hausbank, eine Lampe, ein Spielgerät. Sie sind wasserdurchlässig. Obstbaum und Spielgerät sind für jeden Platz andere. Die Straßenbäume sind kleinkronig und kompakt: Die eichenblättrige Hainbuche (Carpinus betulus ‚Quercifolia‘) hat ein sehr attraktives Laub und behält die Blätter im Winter. Die weiche Mitte ist ein einfacher Park, der leicht moduliert ist, sodass eine großzügige Wiese entsteht. Unter den imposanten, bereits groß gesetzten Rotbuchen (Fagus sylvatica) stehen Bänke. Im Bereich der mehrstämmigen Ahorne (Feldahorn - Acer campestre und Schlangenhautahorn – Acer capillipes) sind einfache Spielgeräte angeordnet. Der Freiraum ist in seiner Schlichtheit und Schichtung (Wiese und Bäume) der umgebenden Landschaft angepasst und gibt den Nutzerinnen Freiheit ihn zu interpretieren und die Möglichkeit der Aneignung.