Sozialzentrum Haus Koblach
VOGEWOSI Vorarlberger gemeinnützige Wohnungsbau- und Siedlungsgesellschaft mbH
6842 Koblach, AT
Pflege/Gesundheit
2013
2. Preis geladener Wettbewerb
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Im Kontext mit dem Ort, der Landschaft und der Natur
Orte entstehen durch Öffentlichkeit und Öffentlichkeit entsteht aus der kollektiven Erinnerung an den Raum der diese Resonanz umgibt. Das ”Haus Wegeler” besitzt diese mentale Verankerung im Ort und ist zentraler Bestandteil jenes kultivierten Platzraumes das dieses Bestandsgebäude mit dem neuen, dreigeschossigen ”Haus Koblach” bildet. Ein nach Süden gerichteter Platz spannt sich zwischen diesen beiden Gebäude auf. Diese Geste gibt ihm öffentlichen Charakter, verschafft Orientierung und Übersichtlichkeit und sie festigt das Bewusstsein dieses Teilgebiets von Koblach als Ortsteilzentrum. Die einander gegenüber liegenden Zugänge der beiden Häuser sind aktive Bestandteile des Platzes. Eine verbindende Brücke im ersten Obergeschoss bildet gleichzeitig eine Zäsur zwischen dem harten Platz des Ostens und den weichen Parklandschaften im Westen. Dieser gestaltete, mondän wirkende Naturraum wird von den beiden Gebäuden des Sozialzentrums, dem viergeschossigen Haus für betreutes Wohnen und dem Aukanal mit dem Koblacher Biotop weich umschlossen. Der Lebendigkeit des Alltagslebens am betriebsamen Platz entlang der Wegeler Straße steht hier die erdige Sinnlichkeit des Spazierers in der Natur gegenüber.
Die gestufte Privatheit
Eine große zurückgesetzte Öffnung am Platz im Erdgeschoss des Sozialzentrums mit vorgelagerten Ziergärten am Brunnen im Eingangsbereich und ein durchgrüntes Atrium im Zentrum prägen die Struktur des dreigeschossigen Solitärs. Diese Aufweitungen machen das Gebäude nach außen hin lesbar und lassen Natur und Licht tief ins Innere des Heimes drängen. Der Vorplatz fließt, von Freiterrassen und Gärten begleitet, zwischen Kapelle, Café und Mehrzweckraum ins Innere zum zentralen Empfang und gibt den Blick frei auf die Kletterpflanzen des Patioraumes im Inneren. Auf der entgegengesetzten, nördlichen Seite befindet sich beinahe unbemerkt die gesamte Infrastrukturzone mit Küche, Lager- und Personalräumen. Die Erschließung dieser Nutzungen erfolgt ebenfalls von dieser Seite. Der Entwurf der beiden übereinanderliegenden Wohngemeinschaften folgt im wesentlichen dem Wunsch des Betagten und Dementen nach Licht, Orientierbarkeit und Abwechslung. Die Erschließung erfolgt zentral. Von hier aus lassen sich die gemeinsamen Aufenthalts- und Bewegungsräume gut erfahren. Übersichtlich liegt auch der Pflegestützpunkt. Im ersten Obergeschoss befindet er sich direkt am ”Brückenkopf” Richtung ”Haus Wegeler”.
Man betritt ein kommunikatives, lichtdurchflutetes Raumkontinuum mit zahlreichen Ausblicken und Querverbindungen. Ähnlich einem Möbel sind diese gemeinsamen Zonen flexibel ausgestattet, sollen Anpassungen und Mehrfachnutzungen zulassen ohne die nach außen gerichtete Privatheit der Zimmer zu beeinträchtigen. Der über die Geschosse verbindende Hof bildet zentrales Thema des inneren architektonischen Ausdrucks und er formuliert einen wesentlichen Teil der Idee des Alltagslebens nach innen und nach außen.
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Über ihn lassen sich die Aktivitäten der Nachbarn oder das Treiben im Café des Erdgeschosses ausmachen. Die halböffentlichen Raumfolgen, Nischen und Aufenthaltsbereiche um diesen Patioraum ermöglichen die räumliche Aneignung und fördern den sozialen Kontakt. Den adaptiven Strukturen der Ess- und Wohnbereichen sind großzügige Südterrassen mit Blick auf den Vorplatz und das ”Haus Wegeler” vorgelagert. Von hier aus lassen sich auch gut Besucher erspähen. Es ist ein unverschlossener, durchlässiger Umgang mit Raum, der sich an die unterschiedlichsten Bedürfnisse im Tagesablauf der Bewohner anpassen lässt. Offenheit, Transparenz, kurze Wege und funktionelle Übersichtlichkeit schaffen Möglichkeitsräume, die Vertrautheit und Entspannung sowie Aktivität und sozialen Kontakt erlauben. Das räumliche Angebot, die kleinen Orte des Verweilens in alle Himmelsrichtungen sollen Voraussetzungen schaffen für die Vielfalt des Zusammenlebens in einem Pflegeheim. Einem Pavillon gleich bildet das Haus des betreuten Wohnens den Auftakt für die angestrebten verdichteten Wohnformen entlang des Aukanals. Um einen zentralen offenen Erschließungskern schrauben sich 29 kleine Wohnungen empor ins dritte Obergeschoss. Die Tiefgarage ist mit dem Sozialzentrum verbunden. Beide Gebäude sind in Skeletbauweise gedacht, die mit vorgefertigten Holzbauelementen verkleidet werden. Die äußere Hülle des Sozialzentrums wird mehr von der Farbe des eingefärbten Sichtbetons, das Haus für betreutes Wohnen mehr von den Oberflächen des Holzes geprägt. Die inneren, warmen, haptischen Materialien korrespondieren mit den äußeren. Durch die Ausbildung kompakter Gebäudeformen und der Kombination von geringer Gebäudehülle und intelligenter Lüftungsanlage lassen sich diese Gebäude problemlos in Passivhausqualität errichten. Die innere klassische Stahlbetonskelettbauweise und die vorgefertigten Außenwandelemente in Holzleichtbauweise unterstützen diese Absicht. Die hinterlüftete Außenschalung wird nachhaltig aus Rift- und Halbriftbrettern der unbehandelten Weißtanne gebildet. Die in hohem Maß vorgefertigten geschoßhohen seriellen Außenwandelemente mit integrierten Passivhausfenstern ermöglichen eine schnelle Montage und eine kurze Bauzeit.
aus dem Jurybericht
"... Das dreigeschoßige Sozialzentrum wird prominent in den öffentlichen Raum gestellt, der zwischen Haus Wegeler, der Verbindungsbrücke und dem Pflegeheim definierte Platz hat maximale Präsenz. Aus der Stellung des Neubaus resultiert ein langer Verbindungsweg zum Haus Wegeler, der etwas spektakulär in Form einer frei gespannten verglasten Brücke realisiert werden soll. Das Betreute Wohnen wird in einem viergeschoßigen, in der Nordwestecke des Grundstückes situierten Baukörper untergebracht. Dadurch entsteht eine parkartige Situation im südwestlichen Bereich, die eine weitere bauliche Nutzung als eher unwahrscheinlich erscheinen lässt. Bei allen Qualitäten des Projektes wird nach eingehender Diskussion einer bescheideneren Haltung bei der Bauaufgabe Pflegeheim der Vorzug gegeben."