Umbau/Erweiterung Volksschule Kundel und Neubau 3fach Sporthalle Kundl
Marktgemeinde Kundl
6250 Kundl, AT
Bildung
2017
Anerkennung EU-weiter Wettbewerb
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Die gegenwärtige und historische Dorfstruktur von Kundl westlich der Wildschönauer Ache besteht aus einer Vielzahl von gestalterisch unterschiedlichsten gut vernetzten Außenräumen. Die Porosität dieser urban - dörflichen Orte entsteht und gewinnt erst durch diese alles überlagernde Verflechtung. Südlich der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt bilden kommunale Gebäude, kleine Wirtschaftsbetriebe und das Schul- und Veranstaltungszentrum mit ihren Zwischenräumen einen gehaltvollen, verbindenden Filter, der ein integrativer Bestandteil dieses Gefüges ist. Das neue Gebäude vereint in sich die Dreifachturnhalle und die neue Volksschule zu einem Solitär, der sich mit der neuen Mittelschule und der Musikschule zu einem Campus weitet und so ein poröses, kommunales Zentrum schafft. Die Durchlässigkeit ist aber nicht nur Absicht einer dörflichen Integration, sie ist auch in hohem Maße ein wesentlicher Teil der Identifikation. So liegen die drei Eingänge der Schulen in guten Sichtbeziehungen an diesem neuen öffentlichen Raum und stehen in starken ortsräumlichen Bezügen untereinander ebenso wie zur prägenden Ansicht der Pfarrkirche Maria Himmelfahrt. Trotz der nutzungsübergreifenden Schichtung bilden sie wiedererkennbare, selbständige Einheiten. Gemeinsam ist ihnen die zentrale Erschließung über diese neue Allmende und die unterirdische Vernetztheit. Es ist ein verkehrsfreies Forum für Kinder das logisch die topografische Kante am Grundstück interpretiert und mit den Freiflächen des tiefer liegenden Kindergartens und dem neuen Spielhof der Volksschule übersichtliche Räume von hoher Aufenthaltsqualität schafft. Diese naturnahen, artifiziellen Landschaften begleiten den östlichen Eingang zur Volksschule ebenso wie den externen Zugang zur Turnhalle an der westlichen Gebäudeecke.
Schule der kurzen Wege
Im Zentrum des Erdgeschosses - der vertikalen Mitte der Schule - befinden sich die halböffentlichen Bereiche. Aula, Bibliothek und das Musiktheater reihen sich begleitet von der Administration und den Garderoben in attraktiven Sichtbeziehungen zum Inneren der Dreifachturnhalle, dem Vorplatz und den westlichen Freiflächen aneinander. Die Kernlernbereiche schweben gleichsam über diesen Bereichen und eine horizontale Erlebnislandschaft breitet sich über das gesamte erste Obergeschoss aus. Vom zentralen Inneren Kern fließen die drei Lernreviere, das Kreativ- und Forscherland sowie der kleine Cluster der Wahrnehmung ineinander. Die lichtdurchflutete, räumliche Dichte entsteht durch die nach Nord-Osten gerichteten Sheddächer, die von einem Kranz der Stammklassen umgeben sind. Diese erhöhten Bereiche sind aber nicht nur ein zusätzliches räumliches und erhellendes Erlebnis, sie sind vielmehr auch ein Angebot zur erweiterten vertikalen Nutzung der Räume. Um den Marktplatz im Revier, der sich im Tagesablauf mehrmals ändert, gruppieren sich mit flexibel gestalteten Wandmöbeln und verschiebbaren semitransparenten Öffnungen die nach außen gerichteten vier Stammklassen, der Lehrerarbeitsraum und die beiden Differenzierungsräume.Das Forscher- und Kreativrevier ist oberster Punk in der vertikalen Schichtung der Ganz- und Alltagsnutzung. Von hier aus verbindet eine interne Treppe auf kurzem Weg – tangiert von Aula, Bibliothek und Musiktheater - die Bereiche des Horts und der Mensa auf dem Niveau der Freiflächen des Kindergartens und des Spielehofs der Volksschule.
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Begleitet werden diese Räume von der Lehrküche der NMS, die alle samt auf demselben Niveau mit der Musikschule und Veranstaltungssaal der Gemeinde verbunden sind. Die NMS ist über ein halbes Geschoss ebenfalls mit diesem Tummelplatz des unterrichtsfreien Alltagslebens verknüpft. Letztlich bildet diese funktionale Mitte der drei Schulen die kürzeste Verbindung zur neuen Turnhalle.
Eine Halle für Alle
Die Dreifachturnhalle ist nicht nur integrativer Bestandteil des neuen Schulcampus. Durch den westlichen großzügigen Eingang mit einem wohl gestalteten Vorfeld ist sie auch kommunikativer und Identität stiftender Ort für Vereine und andere externe Nutzer. Eine Promenadestiege führt auf die Galerie mit Garderobe und Kiosk im ersten Untergeschoss. Ein Geschoss tiefer liegen die Garderoben und die Geräteräume. Die Turnhalle ist über eine Längsseite und die beiden Stirnseiten belichtet. Sonnenschutzlamellen schützen vor Blendung und Interferenzen.Konstruktion und Materialisierung
Das äußere Erscheinungsbild, der architektonische Ausdruck ist von der Struktur des konstruktiven Holzbaus geprägt. Konstruktiv sind die Bauteile der Halle und des Erdgeschosses in Stahlbeton angedacht. Das erste Obergeschoss wird in Holzleichtbauweise mit hohem Vorfertigungsgrad hergestellt. Die inneren Materialien sind ebenfalls geprägt von der wohnlichen Atmosphäre des Holzes. Nicht die Robustheit, sondern der didaktisch verantwortungsbewusste Umgang mit den Oberflächen, das Wohlfühlen im ”eigenen Heim” stehen im Vordergrund. Das haptische und flexible Innere der vier Reviere zieht sich konsequent auch über alle anderen Bereiche.Epilog
Kinder verbringen einen beträchtlichen Teil ihrer Kindheit in der Schule, sie durchleben in der Schule entscheidende Phasen ihrer Entwicklung. Das dort praktizierte Lernen und Schulleben legt den Grundstein für lebenslanges Lernen, für die Freude am sich Bilden und Weiterbilden sowie für eine aktive Teilnahme an der Gesellschaft und dem Verständnis zur Inklusion. Schulen sind daher heute Arbeits- und Lernlandschaften, Orte der Begegnung, Orte zum Verweilen und sollen vor allem Orte sein, an denen Kinder miteinander wachsen und Gemeinsinn entfalten können. In Bewegungs-, Spiel-, und Erfahrungsräumen lassen sich dann Kreativität und Phantasie entfalten.aus den Jurybericht
"... Der zweigeschossige flächige Baukörper, in annähernd quadratischer Grundform, der alle geforderten Räumlichkeiten der Volksschule vereint, besetzt als Solitär das Areal. Zwischen der NMS und dem neuen Baukörper wird das Gelände um ein Geschoß abgesenkt. Dieser Hof bietet somit Zugang von außen zur Dreifachhalle und belichtet die Nachmittagsbetreuungseinrichtung im Untergeschoß. Das Erdgeschoss mit der herausragenden Halle ist vollständig verglast. Im OG sind die geforderten drei Cluster sowie der Kreativ‐Cluster in Karrees mit mittiger Erschließung zoniert. Die Belichtung erfolgt zusätzlich über Sheddächer, die die innenliegenden Räume belichten. Die Zugänge sind klar situiert, die Halle wird durch das eingeschossige Herausheben optimal belichtet. Leider fehlt den innenliegenden Räumen, die über Sheds belichtet werden, der nötige Außenbezug. Die Marktplätze in Rechteckform bieten zu wenige Zonierungen und wirken wie eine erweiterte Gang Zone."